Ein Panzer, ein Lämmchen und ein kalter Fisch – NLP-Experte Roman Braun analysiert Wiens Spitzenkandidaten nach Wirkung, Mimik und Körpersprache.
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Wirkung statt Worte die Experten-Analsyse – warum Rhetorik über Inhalte triumphiert
In Wahlkämpfen zählt nicht nur, was gesagt wird, sondern vor allem wie. Der erfahrene NLP-Trainer und Rhetorik-Experte Dr. Roman Braun analysiert regelmäßig politische Auftritte – mit einem klaren Fazit: „Wirkung schlägt Inhalt. Wer nicht wirkt, verliert – ganz gleich, wie gut das Wahlprogramm ist.“ In seiner aktuellen Analyse zur Wien-Wahl beleuchtet er die Spitzenkandidat:innen anhand von Körpersprache, Tonlage und rhetorischer Präsenz – und spart dabei nicht mit kritischen, teils amüsanten Vergleichen.
Drei Energie-Typen der politischen Wirkung
Dr. Braun unterscheidet in der politischen Rhetorik drei Grundtypen der Wirkung:
- Der Macher: kraftvoll, zielstrebig, durchsetzungsstark
- Die Muse: emotional, empathisch, kreativ
- Der Mentor: ruhig, souverän, führend
Idealerweise verbinden charismatische Politiker:innen zwei dieser Energieformen. Doch viele beschränken sich – bewusst oder unbewusst – auf nur eine Facette. Dies kann in einem komplexen Wahlkampf zu einem gravierenden Nachteil werden.
Michael Ludwig (SPÖ): Der kontrollierte Mentor im Panzer-Look
Der amtierende Bürgermeister Michael Ludwig verkörpert laut Braun Experten-Analyse den Typus Mentor. Ruhig, kontrolliert und mit einer Aura der Stabilität – jedoch oft technokratisch und distanziert. Seine Mimik sei nahezu nicht existent, seine Gestik zurückhaltend. Braun bringt es auf den Punkt: „Er wirkt wie ein Panzer – unbeweglich, emotionslos, aber schwer zu erschüttern.“
Diese kühle Souveränität kann in hitzigen Debatten hilfreich sein, mache ihn jedoch auch unnahbar. Besonders in TV-Duellen fehle Ludwig die emotionale Wandlungsfähigkeit. Braun empfiehlt ihm sogar, auf TV-Auftritte zu verzichten und stattdessen profilierte Parteikollegen vorzuschicken.
Judith Pühringer (Grüne): Die kreative Muse mit starker Präsenz
Im völligen Kontrast zu Ludwig steht Judith Pühringer. Ihre Auftritte strotzen laut Braun vor Musen-Energie: lebendig, authentisch, emotional präsent. Sie zeigt klare Primärgefühle, bleibt auch unter Druck stabil und spricht in einem hohen Tempo, ohne die Kontrolle zu verlieren.
Diese Balance aus Ausdruckskraft und innerer Ruhe macht sie im Wahlkampf besonders wirksam. Ihre Körpersprache sei engagiert, ihre Tonalität dynamisch – eine Kandidatin, die überzeugt, weil sie „echt“ wirkt.
Dominik Nepp (FPÖ): Der emotionslose Macher
FPÖ-Kandidat Dominik Nepp erhält eine harte Beurteilung: „Er ist mimisch der schwächste Kandidat – keine Regung, kein Ausdruck.“ Obwohl er rhetorisch solide ist, fehlt es ihm laut Braun an emotionaler Wärme. Der Versuch, als „Macher“ zu wirken, scheitert an seiner gefrorenen Körpersprache.
Gerade bei jungen Wählergruppen sei diese mangelnde emotionale Anbindung problematisch. Braun nennt ihn den „kalten Fisch“ des Wahlkampfs – und gibt ihm damit ein Image, das schwer abzuschütteln sein dürfte.
Karl Mahrer (ÖVP): Die rhetorisch geschulte Marionette
ÖVP-Kandidat Karl Mahrer steht für klassische Parteirhetorik – routiniert, aber durchschaubar. Seine Gesten wirken einstudiert, sein Lächeln aufgesetzt: „Der Mund lacht, aber die Augen bleiben starr“, so Braun. Seine Körpersprache erinnere eher an eine Marionette, die sich nur auf Kommando bewegt.
Diese kalkulierte Darstellung mag berechenbar wirken, aber sie lässt Authentizität vermissen. Mahrer bleibt somit in einem eng gesteckten rhetorischen Rahmen gefangen.
Bettina Emmerling (NEOS): Zwischen Impulsivität und Rückzug
NEOS-Kandidatin Bettina Emmerling beeindruckt mit Ausdrucksstärke und emotionaler Direktheit. Doch Braun sieht auch Schwächen: „Sie kocht schnell hoch – auch bei nebensächlichen Themen.“ Ihre impulsive Gestik und fordernde Tonlage können mitreißen, aber auch überfordernd wirken.
In kritischen Momenten falle sie jedoch stark zurück – wie etwa in der ZIB2, wo sie zurückhaltend und verunsichert wirkte. Braun beschreibt sie treffend als „aggressives Lämmchen“ – zwischen rebellischem Impuls und defensivem Rückzug schwankend.
Heinz-Christian Strache (Team HC): Das emotionale Schlachtross
Trotz zahlreicher Skandale bleibt HC Strache rhetorisch ein Schwergewicht. Mit einer Mischung aus Macher und Muse gelingt es ihm, echte Emotionen zu zeigen und nahbar zu wirken. Braun sieht in ihm ein „altes Schlachtross“ – erfahren, ausdrucksstark und mit einer volksnahen Note.
Seine Körpersprache, Mimik und Tonalität vermitteln Authentizität. Gerade sein souveräner Umgang mit Diskussionen bringe ihm Sympathiepunkte – auch aus Mitleid, wie Braun schmunzelnd anmerkt.
Selma Arapović (NEOS) & Barbara Urbanic (KPÖ/LINKS): Sachlich, aber leise
Selma Arapović punktet mit klarer, ehrlicher Kommunikation. Ihre Körpersprache ist offen, ihre Sprache langsam und betont – doch es fehlt an Emotionalität, was sie im Wettbewerb schnell unsichtbar machen kann.
Barbara Urbanic dagegen wirkt bodenständig, ruhig und vertrauenswürdig. Ihre zurückhaltende Art strahlt Seriosität aus, lässt aber kaum Dynamik erkennen. Beide Kandidatinnen überzeugen durch Authentizität – jedoch ohne große Bühne.
Fazit: Ausstrahlung schlägt Parteiprogramm
Für Braun steht fest: „Die Bühne gehört jenen, die führen – nicht den Lautesten.“ Entscheidend für den Wahlerfolg ist das Zusammenspiel von Mimik, Körpersprache und Stimme. Inhalte allein reichen nicht.
Das Rhetorik-Ranking zur Wien-Wahl:
- Strache & Pühringer – emotional stark, präsent und wirksam
- Emmerling – expressiv, aber oft zu unkontrolliert
- Ludwig & Mahrer – technokratisch, stabil, aber distanziert
- Nepp – rhetorisch solide, aber emotional unterkühlt
Wer im politischen Wettkampf überzeugen will, muss mehr als nur gute Inhalte bieten – er muss sie mit Wirkung präsentieren.