Dr. Roman Braun im Magazin „NEWS“

Mentale Stärke als Schlüssel zum Erfolg: Was wir von Olympioniken lernen können

Ein Gastkommentar von Dr. Roman Braun, Psychologe und offizieller Rhetorik-Coach der Olympioniken.

Die Olympischen Spiele 2024 in Paris haben begonnen und auch österreichische Athletinnen und Athleten bereiten sich intensiv auf ihre Wettkämpfe vor. Um den Druck von innen und außen zu meistern, spielt neben der physischen Vorbereitung auch die mentale Stärke eine entscheidende Rolle. Ein Blick hinter die Kulissen der mentalen Vorbereitung zeigt, wie Spitzensportler und Spitzensportlerinnen diese Herausforderungen angehen und welche wertvollen Lektionen wir für unseren Alltag daraus ziehen können.

Der Leistungssport folgt einem ganzheitlichen Ansatz, den man das „Olympische Dreieck“ nennen könnte: Körper, Geist und Umfeld. Dabei wird nicht nur das physische Training, sondern auch Faktoren wie Ernährung, Regeneration oder das soziale Umfeld optimiert. Entscheidend ist die Entwicklung einer „Champion-Identität“.

(Mentale) Vorbereitungstechniken sind das A und O im Wettkampf

Wie im Alltag auch, ist die mentale Vorbereitung im Wettkampf oft das Zünglein an der Waage und der entscheidende Faktor, der über Gold oder Silber entscheidet. Man kann auch sagen, dass der Körper dem Geist folgt. Eine starke Psyche ermöglicht es, die physischen Grenzen zu verschieben und in den entscheidenden Momenten Bestleistungen abzurufen. Wettkampfathletinnen und -athleten nutzen aus diesem Grund häufig Techniken wie Neuro-Linguistisches Programmieren (NLP), um mentale Höchstleistungszustände abrufbar zu machen.

Zu den eingesetzten Vorbereitungstechniken gehören das Ankern, bei dem positive Zustände mit bestimmten Reizen verknüpft werden, und Visualisierung, um perfekte Bewegungsabläufe und Höchstleitungszustände vorab im Geist durchzuspielen. Auch Reframing hilft dabei, Herausforderungen als Chancen zu sehen. Ein weiteres Werkzeug ist die Timeline-Arbeit, bei der Athletinnen und Athleten ihren Triumph bereits vor dem Wettkampf mental durchleben.

Rituale und Routinen als Umgang mit Druck und Erwartungen

Spitzensportlerinnen und -sportler lernen, Druck als Privileg zu betrachten und als Zeichen, dass sie etwas Bedeutsames tun. Durch Atemtechniken und Meditation kann ein innerer Ruhepol geschafften werden. Ein mentales Mantra vieler Champions lautet daher: „Ich bin dankbar für diese Chance.“ Diese Haltung ermöglicht es, den Druck in positive Energie umzuwandeln. Im Laufe der Zeit und mit der steigenden Zahl an Wettkämpfen entwickelt jede Athletin und jeder Athlet ein individuelles Erfolgsritual. Dies kann eine bestimmte Playlist, eine Visualisierungsübung oder eine andere konsistente Routine sein, die Sicherheit im Chaos des Wettkampfs schafft. Diese Routinen bieten eine „mentale Heimat in der Fremde“ und helfen, die Konzentration zu bewahren.

Auch Starke kommunikative Fähigkeiten sind in diesem Kontext eine oft unterschätzte Superkraft. Sie helfen nicht nur in Interviews, sondern auch im Teamgefüge und in der Selbstmotivation. Durch das Training „innerer Dialoge“ – die Art, wie Athletinnen und Athleten mit sich selbst sprechen – wird ihre Realität und somit ihre Leistung geformt.

Rhetorische Stärke kann zudem ein gewaltiger Vorteil sein, der das Selbstvertrauen und die öffentliche Wahrnehmung stärkt. Sportlerinnen und Sportler, die ihre Geschichte kraftvoll erzählen können, ziehen positive Energie an. Denn Schwäche in diesem Bereich kann zu Unsicherheit und medialer Kritik führen, was die Leistung beeinträchtigen kann.

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